bieten für den Deutschunterricht der Mittelstufe (unterhaltsame) Möglichkeiten, die
Balladenbehandlung der vorausgehenden Klassen 7- 8 um eine Variante des Erzählgedichts zu
erweitern. (Es schadet nichts, wenn man etwas musikalisch ist und irgendwo noch Drehorgel -
Hörmaterial zur Illustration der Bänkeltexte heranschaffen kann.)
Vorsingen - mit selbst produzierten Anschauungstafeln - ist für manchen Schüler auch mal
‘ne (spaßige) “Stimmbruch-Erfahrung” .(Auf dem Jahrmarkt wurde auch nicht Belcanto
gesungen.) Mit einem Schuss schwarzen Humors gewürzt, Bildtafeln hochhalten und von einem
kleinen Holzbänkchen (sic!) aus Greuelmärchen, Familientragödien oder scheußlichen Schulalltag
vortragen. Man muss gelegentlich etwas gegensteuern und aufpassen, dass hier die Thematik nicht
überzogen ausgestaltet wird. (Erfurt!) Aber für Reflexion und Selbstkritik ist Schule mit
Ersthaftem und Trivialem auch ein passender Ort. Zudem bietet sich der Stoff in der Kl. 9
als Möglichkeit an, die Schüler zu Textproduktionen zu ermuntern, z.B.:
a) Umformung eines grimmigen Erwachsenen - Märchens wie “Die Räuberbraut” zur
schaurig-schönen Moritat (s. Gruppenarbeit)
b) Umformung einer Boulevardblatt-Seite zum Bänkel (Hausaufgabe)
c) Umformung eines Bänkels in eine “Bildzeitungsbotschaft” (Klassenarbeit)
Beispiel für Aufgabe a) Bänkelversion eines Märchens
Erinnern Sie sich an diesen grausamen Text oder hatten Sie eine gereinigte Grimm-Ausgabe ?
Nur zur Auffrischung Ihrer Kenntnisse zuerst das Original:
Brüder Grimm, Kinder - und Hausmärchen
Der Räuberbräutigam
Es war einmal ein Müller, der hatte eine schöne Tochter und als sie herangewachsen war, so wünschte er,
sie wäre versorgt und gut verheiratet, er dachte: »Kommt ein ordentlicher Freier und hält um sie an,
so will ich sie ihm geben. « Nicht lange, so kam ein Freier, der schien sehr reich zu sein, und da der Müller
nichts an ihm auszusetzen wusste, so versprich er ihm seine Tochter, Das Mädchen aber hatte ihn nicht so
recht lieb, wie eine Braut ihren Bräutigam lieb haben soll, und hatte kein Vertrauen zu ihm. So oft sie ihn
ansah oder an ihn dachte, fühlte sie ein Grauen in ihrem Herzen. Einmal sprach er zu ihr; »Du bist meine
Braut und besuchst mich nicht einmal! Das Mädchen antwortete: »Ich weiß nicht, wo Euer Haus ist. « Da
sprach der Bräutigam; »Mein Haus ist draußen im dunklen Wald. « Es suchte Ausreden und meinte, es
könnte den Weg dahin nicht finden. Der Bräutigam sagte: »Künftigen Sonntag musst du hinaus zu mir
kommen ich habe die Gäste schon eingeladen, und damit du den Weg durch den Wald findest, so will ich dir
Asche streuen. « Als der Sonntag kam und das Mädchen sich auf den Weg machen sollte, ward ihm so angst,
es wusste selbst nicht recht warum, und damit es den Weg bezeichnen könnte, steckte es sich beide
Taschen voll Erbsen und Linsen. An dem Eingang des Waldes war Asche gestreut, der ging es nach, warf
aber bei jedem Schritt rechts und links ein paar Erbsen auf die Erde. Es ging fast den ganzen Tag, bis es
mitten in den Wald kam, wo er am dunkelsten war; da stand ein einsames Haus, das gefiel ihm nicht, denn
es sah so finster und unheimlich aus. Es trat hinein, aber es war niemand darin und herrschte die größte
Stille. Plötzlich rief eine Stimme:
»Kehr um, kehr um, du junge Braut,
Du bist in einem Mörderhaus! «
Das Mädchen blickte auf und sah, dass die Stimme von einem Vogel kam, der da in einem Bauer an der
Wand hing. Nochmals rief er:
»Kehr um, kehr um, du junge Braut,
Du bist in einem Mörderhaus! «
Da ging die schöne Braut weiter aus einer Stube in die andere und ging durch das ganze Haus, aber es
war alles leer und keine Menschenseele zu finden. Endlich kam sie auch in den Keller, da saß eine steinalte
Frau, die wackelte mit dem Kopfe. »Könnt Ihr mir nicht sagen«, sprach das Mädchen, »ob mein Bräutigam
hier wohnt? « - »Ach, du armes Kind«, antwortete die Alte, »wo bist du hingeraten! Du bist in einer
Mördergrube. Du meinst, du wärst eine Braut, die bald Hochzeit macht, aber du wirst die Hochzeit mit
dem Tode hatten. Siehst du, da hab ich einen großen Kessel mit Wasser aufsetzen müssen, wenn sie dich
in ihrer Gewalt haben, so zerhacken sie dich ohne Barmherzigkeit, kochen dich und essen dich, denn es sind
Menschenfresser. Wenn ich nicht Mitleiden mit dir habe und dich rette, so bist du verloren. «
Darauf führte es die Alte hinter ein großes Fass, wo man es nicht sehen konnte. »Sei wie ein
Mäuschen still«, sagte sie, »rege dich nicht und bewege dich nicht, sonst ist's um dich geschehen. Nachts,
wenn die Räuber schlafen, wollen wir entfliehen, ich habe schon lange auf eine Gelegenheit gewartet. «
Kaum war dies geschehen, so kam die gottlose Rotte nach Haus. Sie brachten eine andere Jungfrau mit-
geschleppt, waren trunken und hörten nicht auf ihr Schreien und Jammern. Sie gaben ihr Wein zu trinken,
drei Gläser voll, ein Glas weißen, ein Glas roten und ein Glas gelben, davon zersprang ihr das Herz. Darauf
rissen sie ihr die feinen Kleider ab, legten sie auf einen Tisch, zerhackten ihren schönen Leib in Stücke
und streuten Salz darüber. Die arme Braut hinter dem Fas zitterte und bebte, denn sie sah wohl, was für
ein Schicksal ihr die Räuber zugedacht hatten. Einer von ihnen bemerkte an dem kleinen Finger der
Gemordeten einen goldenen Ring, und als er sich nicht gleich abziehen ließ, so nahm er ein Beil und hackte
den Finger ab; aber der Finger sprang in die Höhe über das Fass hinweg und fiel der Braut gerade in den
Schoß. Der Räuber nahm ein Licht und wollte ihn suchen, konnte ihn aber nicht finden. Da sprach ein
anderer:
»Hast du auch schon hinter dem großen Fasse gesucht? «
Aber die Alte rief:
»Kommt und esst und lass das Suchen bis morgen, der Finger läuft euch nicht fort. «
Da sprachen die Räuber: »Die Alte hat recht«, ließen vom Suchen ab setzten sich zum Essen, und die
Alte tröpfelte ihnen einen Schlaftrunk in den Wein, dass sie sich bald in den Keller hinlegten, schliefen
und schnarchten. Als die Braut das hörte, kam sie hinter dem Fas hervor und musste über die Schlafenden
wegschreiten, die da reihenweise auf der Erde lagen, und hatte große Angst, sie möchte einen aufwecken.
Aber Gott half ihr, dass sie glücklich durchkam, die Alte stieg mit ihr hinauf, öffnete die Türe, und sie
eilten so schnell sie konnten aus der Mördergrube fort. Die gestreute Asche hatte der Wind weggeweht,
aber die Erbsen und Linsen hauen gekeimt und waren aufgegangen und zeigten im Mondenschein den Weg.
Sie gingen die ganze Nacht, bis sie morgens in der Mühle ankamen. Da erzählte das Mädchen seinem Vater
alles, wie es sich zugetragen hatte.
Als der Tag kam, wo die Hochzeit sollte gehalten werden, erschien der Bräutigam, der Müller aber hatte
alle seine Verwandten und Bekannten eingeladen. Wie sie bei Tische saßen, ward einem jeden aufgegeben,
etwas zu erzählen. Die Braut saß still und redete nichts. Da sprach der Bräutigam zur Braut: »Nun, mein
Herz. weißt du nichts? Erzähl uns auch etwas!« Sie am wertete: »So will ich einen Traum erzählen. Ich ging
allein durch einen Wald und kam endlich zu einem Haus, da war keine Menschenseele darin aber an der
Wand war ein Vogel in einem Bauer, der rief;
»Kehr um, kehr um, du junge Braut,
Du bist in einem Mörderhaus!»
Und rief es noch einmal. Mein Schatz, das träumte mir nur, Da ging ich durch alle Stuben, und alle waren
leer, und es war so unheimlich darin und keine Menschenseele zu finden. Ich stieg endlich hinab in den
Keller, da saß eine steinalte Frau darin, die wackelte mit dem Kopfe. Ich fragte: >Wohnt mein Bräutigam
in diesem Haus? < Sie antwortete: >Ach, du armes Kind, du bist in eine Mördergrube geraten, dein
Bräutigam wohnt hier, aber er will! dich zerhacken und töten und will dich dann kochen und essen. «
Mein Schatz, das träumte mir nur. Aber die alte Frau versteckte mich hinter ein großes Fass, und kaum
war ich da verborgen, so kamen die Räuber heim und schleppten eine Jungfrau mit sich, der gaben sie
dreierlei Wem zu trinken, weißen, roten und gelben, davon zersprang ihr das Herz. Mein Schatz, das
träumte mir nur. Darauf zogen sie ihr die feinen Kleider ab, zerhackten ihren schönen Leib auf einem Tisch
in Stücke und bestreuten ihn mit Salz. Mein Schatz, das träumte mir nur. Und einer von den Räubern sah,
dass an dem Goldfinger noch ein Ring steckte, und weil er schwer abzuziehen war, so nahm er ein Beil und
hieb ihn ab. Aber der Finger sprang in die Höhe und sprang hinter das große Fass und fiel mir in den Schoß.
Und da ist der Finger mit dem Ring. « Bei diesen Worten zog sie ihn hervor und zeigte ihn den Anwesenden.
Der Räuber, der bei der Erzählung ganz kreideweiß geworden war, sprang auf und wollte entfliehen, aber
die Gäste hielten ihn fest und überlieferten ihn den Gerichten. Da ward er und seine ganze Bande für ihre
Schandtaten gerichtet.
II. Die Textproduktion
Die Räuberbraut (Grimmsches Märchen)
1.
Es war einmal eine Frau,
Die war ziemlich schlau.
Ihr Vater, der war Müller.
Und hatte für sie einen Knüller:
Sie sollte sich mit einem Freier trauen
Und eine große Familie aufbauen.
2.
Doch die Frau hatte ein schlechtes Gefüh,!
Denn der Mann schien ihr ziemlich kühl.
Einmal sagte er zu ihr:
"Du bist meine Frau, besuch mich bei mi.r"
"Aber ich werde dein Haus nicht finden."
"Aber doch, es liegt im Wald ganz hinten."
3.
Am Sonntag ging sie dann zum Wald
Und machte um Erbsen zu Streuen halt
Als sie im Hause angekommen war,
War keine Menschenseele da.
Sie schritt durch das ganze Haus
Und suchte jeden Winkel aus.
4.
Als sie dann endlich in den Keller dackelte,
Saß da eine steinalte Frau, die mit dem Kopf wackelte.
Sie fragte die Frau."Kennst du meinen Mann?",
Und sie sagte:"Ja, er ist jemand, dem man nicht trauen kann.
Er wird dich mit seinen Kumpanen in diesem Topf kochen
Und dich verzehren bis auf die Knochen."
5.
Die alte Frau versteckte sie hinter einem Faß
Und erklärte ihr was passieren würde, nämlich das: “. . . ! ”
Sie wollten in dieser Nacht fliehen,
Um sich ihrem Schicksal zu entziehen.
Als die Bande nach Hause kam.
Wurde der Braut ziemlich klamm.
6.
Sie zerhackten die mitgebrachte Jungfrau
Und die Braut sah alles, wie in einer Schau.
In der Nacht rannten sie fort,
zurück in den sicheren Ort.
Die Braut erzählte alles ihrem Vater
Und schon bald gab es großes Theater.
7.
Als der Tag der Hochzeit war da.
Erzählte sie alles, genau wie es war.
Alle hatten es gehört, auch jeder Greis.
Und am Ende zeigte sie ihn. einen Finger, zum Beweis.
Der Mörder war darauf das Gegenteil von gerötet
Und die ganze Sippe wurde getötet.
Schuljahr 2000/2001 Timo K. - Julian G. - Robert V.
Des Bergmanns Leiche zu Falun
Wisst ihr von des Bergmanns Leiche
Aus dem Schachte zu Falun?
Dem einst Gott im Schattenreiche
Unverletzt vergönnt zu ruhn?
Nicht der Nachwelt Tränen weckte
Dieser Jüngling grauer Zeit;
Doch den Treugeliebten deckte
Erde, nicht Vergessenheit.
Bei des Grubenlämpchens Schimmern
Musste sich das junge Herz
Selber seine Ruhstatt zimmern,
Einen Sarg aus blankem Erz.
Bis nach mehr als sechzig Jahren,
Viele hundert Klafter tief,
Man hinab zur Stell’ gefahren,
Wo der arme Bergmann schlief.
Doch wie rein und aufgehoben,
Ruht im Erdenschoß das Gold,
Das befleckt im Licht hier oben
Durch der Menschen Hände rollt.
So im Schoß metallner Klüfte
Schloss das ewige Gestein
In ambrosisch rein Düfte
Unversehrt den Schläfer ein.
Wie er nun ans Licht gezogen,
Blühend wie ein Maientag,
Dem der Sonne Glanz entflogen,
Vor des Volkes Auge lag,
Fragen staunend alle Blicke,
Wer der Wunderjüngling sei?
Und es zittert an der Krücke
Auch ein Mütterchen herbei.
Flehend drängt die Tiefbetrübte
Durch die Menge sich und schaut –
Ja! er ist’s der Heißgeliebte!
Und sie ist des Jünglings Braut.
„Nur der Tod kann dich mir geben
Aber ich war ewig dein!“
Sprach's und schlief zum bessern Leben
An des Jünglings Busen ein.
Schaurige Mordtat
wie zwei Brüder, Müller geheißen, am 20. Juni 1736 ihre Tante in Berlin ermordeten
Nun hört, ihr Christenleute,
Was sich jetzt wieder regt,
Wie sich auf böse Seite
So mancher Bube legt;
Wann wird auf dieser Erde
Der Bosheit Ende werden?
Berlin kann dies bezeugen,
Die gut’ und edle Stadt,
Wie Sünd’ und Laster steigen
Und wie der Mordgeist hat
Aufs neu betrachtet eben
Ein Schauspiel anzugeben!
Noch hat’s damit kein Ende:
Zwei Brüder, Müller genannt,
Besudeln ihre Hände
Mit grauser Mordtat Schand’.
Ach Gott, wer kann’s ermessen,
Dass Menschen selbst sich fressen?
Sie scheun sich nicht zu legen
Die Hand an ihrem Blut,
Es konnte nicht bewegen
Die tück’sche, böse Brut,
Dass sie schon grau von Jahren
Und nah’ Verwandte waren.
Der Ält’ste hat vermessen
Die Rede so gestellt:
„Wir haben lang gesessen,
Dass wir gezählt kein Geld;
Wer kann so länger leben
Und stets in Armut schweben.
Wenn du willst mit mir wagen
Nur einen kurzen Gang,
So woll’ n wir’s bald erjagen
Viel’ Güter ohne Zwang.
Es wird viel Müh’ nicht setzen,
So kommen wir zu Schätzen!“
„Das möchte ich gern vernehmen“,
Der Jüngling fertig sprach,
„Wie wir zum Reichtum kämen;
Du weißt, wie’s uns gebrach,
Wie wir im Elend saßen,
Oft Salz und Brot nur aßen.“
„Du kennst, geliebter Bruder“,
Sprach drauf der Ältst’ erhitzt,
„das alte, reiche Luder,
Die in Berlin dort sitzt,
Der’s auch an gar nichts fehlet,
Die nur Dukaten zählet.
Die kann, wie ich erachte,
Schon reif zur Erde sein;
Wenn ich dieselb’ abschlachte,
Das bringt uns außer Pein;
Du weißt, dass meine Hände
Zum Würgen gar behende!“
Gar bald sie einig wurden,
Ihr Vorsatz war gericht’;
Zu rauben und zu morden;
Hört ferner, was geschicht: (= geschehen ist)
Sie fert’gen ihre Sachen
Und auf den Weg sich machen.
Das Unglück sie bald fühhrte
Hierher zur Stadt Berlin;
Elin böser Geist sie schürte,
Den Vorsatz zu vollziehn;
Sie eilten hin zur Beuten,
Nichts kann sie von ableiten.
Der Muhme sie behende
Abstatten den Besuch,
Ach, höchster Gott, abwende
Von Christen diesen Fluch;
Der Ältst’ auch sich tut regen,
die Hand ihr anzulegen.
Gar schnell und oh Verweilen
Er ihr die Gurgel zwickt,
Und weil niemand tät eilen
Zur Hilf’, ward sie erstickt;
Der Jüngste tät sie halten,
Handlangers Stell verwalten.
Wie sie nun liegt erblasset,
So fassen sie den Schluss:
Oft hätte sie gehasset
Ihr Leben aus Verdruß;
Sich selbsten aufgehenket
Und ihren Geist gekränket.
Sie tun an einer Schlingen
Den Leichnam hängen auf,
Soweit wollt’ es gelingen, -
Drauf nahmen sie den Lauf - - -,
Nachdem sie mitgenommen,
Was ihnen fürgekommen.
Doch eilte mit der Rache
Des Höchsten Allmachthand,
Der ihre böse Sache
Und sie selbst plötzlich fand;
Es wurden bald verraten
Die großen Übeltaten.
Der Ausgang war, wie’s pfleget
Bei solcher bösen Tat:
Es ward Gericht geheget,
Ihr Urteil ist das Rad.
Wohl dem, den dies kann leiten,
Vom Bösen abzuschreiten!