“... Lesen schadet den Augen! ”

 

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Interpretation  - „Spruch" von Erich Fried (1921 - 1988)

 

In dem Gedicht „Spruch" von Erich Fried, das er 1945/46 auf einer Neujahrkarte verschickte, behandelt der Autor die Beziehung von Krieg und Frieden. Das Gedicht gehört zur Nachkriegsliteratur, was sich auch in der behandelten Thematik Krieg/Frieden zeigt.

Erich Fried, geboren 1921 in Wien war ein österreichischer Lyriker, Übersetzer und  Essayist jüdischer Herkunft. Nach dem Tod seines Vaters Hugo , verursacht 1938 durch  Folterungen während eines Verhörs durch die Gestapo, wanderte Fried mit seiner Mutter aus dem mittlerweile an Deutschland angegliederten Österreich nach London aus. Dort schlug er sich während des Krieges mit Gelegenheitsarbeiten durch und arbeitete anschließend für  verschiedenste neue Zeitschriften. Fried war politisch sehr engagiert. So trat er dem „Freien Deutschen Kulturbund", „Young Austria", sowie später auch dem „Kommunistischen Jugendverband" bei, den er allerdings 1943 aufgrund stalinistischer Tendenzen wieder verließ. Von 1952 bis 1963 arbeitete Fried als politischer Kommentator für den German Service der BBC. Seinen ersten Gedichtband, die gegen den Faschismus gerichtete Sammlung „Deutschland", erschien 1944. Im Jahr 1963 trat er der durch Hans-Werner Richter gegründeten literarischen Gruppe 47  bei. Nach 1968 engagierte er sich insbesondere in Deutschland schriftstellerisch und politisch.  1988 verstarb der Lyriker in Baden-Baden an Darmkrebs.

In seinem Gedicht „Spruch“ stellt der Autor eine Verbindung zwischen den beiden konträren Punkten „Krieg" und „Frieden" her. In diesem Vergleich stellt der „Krieg" den Vater und der Friede dessen Enkel dar. Das lyrische Ich,  der „Sieg", versteht sich als Übergang, der beide verbindet. Bedenklich scheint dem Sprecher die politische  Situation: Der Friede nehme bereits erneut die Gestalt des Krieges an.

Das kurze Spruch- Gedicht hat vier Zeilen, die in Form von Paarreimen organisiert sind. Die Zeilen haben kein einheitliches Metrum. Die Sätze, die ausschließlich Aussagen darstellen, sind einfach strukturiert und verwenden eine schlichte, verständliche Sprache. Satzzeichen tauchen nicht auf. Der Charakter des Gedichtes ist ein einfacher Spruch, wie bereits der Titel des Gedichtes vermuten lässt. „Spruch“, das lässt an Kalendersprüche oder knapp formulierte Lebensweisheiten erinnern. Dieser Vierzeiler soll einfach zugänglich und leicht zu behalten sein, weswegen eine gehobene Sprachwahl nicht sinnvoll erscheint. Fried verwendet in seinem Gedicht eine Reihe von Personifikationen. So stellt er „Sieg" (Z.1) als lyrische Ich, den „Krieg" (Z. 2) als dessen Vater und den „Frieden" (Z. 3) als den Sohn des lyrischen Ichs dar. Indem er Krieg und Frieden gegenüberstellt bedient sich der Dichter einer Antithese, die er in Form eines Vergleiches formuliert. Damit stellt der Autor eine Verbindung zwischen den beiden  gegensätzlichen Dingen „Krieg" und „Frieden" her. Diese Verbindung kommt über die Komponente „Sieg" zustande. Das bedeutet, dass am Anfang der Krieg in Form des Vaters stand. Dieser brachte das lyrische Ich, somit den Sieg, hervor. Dieser wiederum zeugte einen Sohn und zwar den Frieden. Abschließend schreibt Fried: „Der [Sohn] gleicht meinem Vater schon" (Z. 4). Das bedeutet, dass der Sohn dem Großvater, also der Friede dem Krieg, immer ähnlicher werde. Damit stellt der Autor die These auf, Krieg und Frieden seien keine Gegensätze, sondern sich ähnelnde Dinge. Aus Krieg werde durch den Sieg einer Partei Frieden, der nach einiger Zeit wieder zu einem  neue Krieg führe.

Diese gesellschaftskritische These ist ein Resultat der Erlebnisse und Erfahrungen Frieds während des Zweiten Weltkriegs, als er vor den Nationalsozialisten, die bereits seinen Vater umgebracht haben, nach London flüchtet, wo er den Krieg erlebt. Es zeigt sich, dass der Autor dem Frieden nicht traut. Diese lässt sich an der Phase zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg veranschaulichen. Dort ist aus dem Frieden, der dem Deutschen Reich diktiert wurde,  ein neuer Krieg entstanden.

Das Gedicht „Spruch" ist ein typisches Beispiel für ein Gedicht des politisch sehr engagierten Erich Fried, in dem er in der literarischen „Stunde Null“ den eigenen politischen Standpunkt und seine Befürchtungen   verarbeitet.

 

                                                 Lars Wegmann © -  GBE Jg. 13 –  (Hausaufgabe)  03/2008

 

 

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