“... Lesen schadet den Augen! ”

 

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Sonett in Dur  (Mascha Kaléko)

 

Das Gedicht „Sonett in Dur“ von Mascha Kaléko (1907 – 1975) ist 1977,   zwei Jahre ihrem Tod,  erschienen. Es ist ein eher modernes Gedicht und ist in die Epoche des Expressionismus 1 einzuordnen. Der Inhalt befasst sich mit der negativen und einsamen Vergangenheit des lyrischen Ichs, bevor es seine große Liebe kennen gelernt hat. Es „kramt in seiner Vergangenheit und versucht Parallelen zur Gegenwart herzustellen.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen, wobei die ersten drei Verse haben und die letzte Strophe 2 Verse hat. Wie schon im Titel erwähnt, handelt es sich um ein Sonett, da es insgesamt 14 Verse gibt. Die Stropheneinteilung ist für ein Sonett jedoch ein bisschen untypisch. Anstatt zwei vier- und zwei dreiversigen Strophen weist das Gedicht drei vier- und zwei dreiversige Strophen auf. 2

Das Metrum ist durchgehend der fünfhebige Jambus, mit Ausnahme des letzten Verses der zweiten Strophe: Dort ist der Jambus nur vierhebig. Außer in der letzten Strophe tauchen jeweils zwei überzählige Senkungen pro Strophe auf und bilden damit die einzigen weiblichen Kadenzen. Das Reimschema ist nicht immer dasselbe. In den ersten beiden Strophen wird es aus einem umarmenden Reim und einem Paarreim gebildet (abba), in der dritten ist es ein Kreuzreim (efef) und in der vierten ein Paarreim (gg).

Zur inneren Struktur kann man sagen, dass die einzelnen Strophen den Sinnabschnitten entsprechen. Außerdem ist das Gedicht in zwei Zeitformen, dem Präteritum und dem Präsens, geschrieben. Das Präteritum taucht immer dann auf, wenn sich das lyrischen Ich an etwas erinnert und somit eine Rückblende auftritt.

 

Wie schon erwähnt handelt  das Gedicht von einer Person (oder dem lyrischen Ich), vielleicht sogar Mascha Kaléko selbst, die ihre Vergangenheit wieder aufarbeitet, bevor er oder sie  seine/ihre große Liebe kennen gelernt hat.

In der ersten Strophe ist das lyrische Ich still und alleine und fragt sich, wie sein Leben war ehe sein Liebster gekommen ist. Der Ausdruck „Liebster“ stellt klar, dass das lyrische Ich eine Frau sein muss. Dadurch wird auch sofort klar, dass es sich um ein Liebesgedicht handelt, was man dem Titel nicht unbedingt entnehmen kann. Im dritten Vers wird der Liebste als jemand beschrieben, der „den Schatten von seiner Partnerin nimmt“. Er wird als „Retter in der Not“ beschrieben, der seine Geliebte aus der Depression und der Dunkelheit herausholt (Und mir den Schatten von der Seele nahmst, Str 1, Vers 3). Dieser Vers ist zugleich Metapher und ist im übertragenen Sinn zu verstehen. Natürlich kann man nicht wirklich den Schatten von einer Seele nehmen, man kann nur durch Zuwendung und seine Liebe, die man jemandem schenkt, bewirken, dass er sich seelisch besser fühlt. In der zweiten Strophe geht die Frage nach dem, was in der Vergangenheit geschah, weiter. Doch das lyrischen Ich kann sich nicht mehr so gut daran erinnern (Und sieh, ich weiß es nur noch ungefähr“ Str. 2, Vers 2). Es ist so überwältigt von seiner Gegenwartssituation, dass es alles andere vergisst. (So ganz umbrandet mich das Jetzt, dies Meer, in das die besten Träume münden“ Str. 2, Vers 4). Das „Jetzt und hier“ wird als Meer dargestellt, in welches die besten Träume und damit Hoffnung, Liebe und noch viel andere positive Aspekte münden. Diese beiden letzten Verse der zweiten Strophe sind auch wieder sehr sinnbildlich ausgedrückt. Sie bedeuten, dass alle guten Empfindungen des lyrischen Ichs nur noch in der Gegenwart wahrgenommen werden. Das lyrische Ich ist so glücklich, dass es alles um sich herum vergisst. Das mögliche Rauschen des Meeres könnte vielleicht auch eine Art des Glücksrauschs verkörpern, in dem sich das lyrische Ich befindet. In der dritten Strophe ist wieder die Rede von der dunklen Vergangenheit“ des weiblichen Sprechers. Er war damals so deprimiert, dass er nicht hören konnte, wie süß die Vögel sangen“. Durch den „Liebsten“ wurden die Jahre zu einem „bunten Kleid“, was die Freude am Leben verkörpert. So bleibt nichts als die Erinnerung an kalte Winter voller Einsamkeit (Str. 3, Vers4). In der vierten und  letzten Strophe wird nun gesagt, dass die Einsamkeit zurückkehren wird, wenn der Liebste“ die Frau verlässt. Wenn dies geschieht, wäre niemals wieder Frühling. Das bedeutet, was wäre aus mit dem „ Glücksrausch“ und der Partner würde wieder in Depression verfallen. Diese letzte Strophe klingt zugleich ein bisschen wie eine Drohung, dass der Liebste seine Partnerin niemals verlassen darf und immer an sie gebunden sein muss. Ich denke, die Autorin will den Kontrast zwischen Liebe und Depression darstellen. Die Liebe kann einem zwar die schönsten Momente im Leben  bescheren, trotzdem ist sie nichts, was ewig andauern muss, was auch im letzten Vers des Gedichts verdeutlicht wird. Ich denke, dieser Aspekt steht sogar am Stärksten im Vordergrund, da das Gedicht keine „Liebesspiel“ oder Dialog zwischen zwei Verleibten enthält.

 

Ich finde das Gedicht recht gelungen, da es mich sehr zum Nachdenken angeregt hat. Es ist verblüffend, wie die Liebe einen Menschen aus seiner Depression „zeihen“ kann. Außerdem finde ich das Gedicht im Allgemeinen sehr interessant, weil es die Liebe auf eine sehr schöne Art und Weise und aus einer sehr persönlichen Sicht widerspiegelt. (So ganz umbrandet mich das Jetzt, dies Meer, in das die besten Träume münden). Zu guter Letzt finde ich den beschriebenen Inhalt des Gedichts sehr realistisch, da die Liebe auch immer im Kontrast zur Depression dargestellt wird und es wird klar, wie eng diese beiden Begriffe zueinander stehen. Trotzdem finde ich, dass es zwischen Depression und Liebe kein großes Nichts besteht, sondern auch ohne eine Partnerschaft ein normales Leben möglich ist.

                                                                     Christian Wrede ©  – GBE  Kl. 10 / 2008 (Ad)

 

1

ohne Angabe der Entstehungszeit des Gedichts (vielleicht in der sog. >Neuen Sachlichkeit<)ist deine Aussage “wacklig”

 Genaueres lernst du ja auch erst in der Oberstufe. Das exakte Entstehungsdatum habe ich euch leider nicht liefern

können.

2  Es liegt ein Shakespeare – Sonett - Typ vor.

           sehr gelungene Gesamtleistung

 

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