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  Lesen schadet den Augen

 

        Karl Kraus (1874 – 1936)

          Der Reim

    Der Reim ist nur der Sprache Gunst,

    nicht nebenher noch eine Kunst.

     

    Geboren wird er, wo sein Platz,

    aus einem Satz mit einem Satz.

     

    Er ist kein eigenwillig Ding,

    das in der Form spazieren ging.

     

    Er ist ein Inhalt, ist kein Kleid,

    das heute eng und morgen weit.

     

    Er ist nicht Ornament der Leere,

    des toten Wortes letzte Ehre.

     

    Nicht Würze ist er, sondern Nahrung,

    er ist nicht Reiz, er ist die Paarung.

     

    Er ist das Ufer, wo sie landen,

    sind zwei Gedanken einverstanden.

     

    Er ist so seicht und ist so tief

    wie jede Sehnsucht, die ihn rief.

     

    Er ist so einfach oder schal

    wie der Empfindung Material.

     

    Er ist so neu und ist so alt

    wie des Gedichtes Vollgestalt.

     

    Orphischen Liedes Reim, ich wette,

    er steht auch in der Operette.

     

    Wenn Worte ihren Wert behalten,

    kann nie ein alter Reim veralten.

     

    Fühlt sich am Vers ein Puls, ein Herz,

    so fühlt es auch den Reim auf Schmerz.

     

    Aus allgemeinrer Sachlichkeit

    glückt neu der Reim von Leid auf Zeit.

     

    Weist mich das Wort in weitere Fernen -

    o staunend Wiedersehn mit Sternen!

     

    Der erdensichern Schmach Verbreitung

    bedingt dafür die Tageszeitung

     

    und leicht trifft einem irdnen Tropf

    der Reim den Nagel auf den Kopf.

     

    Dem Wortbekenner ist das Wort

    ein Wunder und ein Gnadenort.

     

    Der Reim, oft nur der Verse Leim,

    ist der Gedanken Honigseim.

     

    Hier bietet die Natur den Schatz,

    dort Technik süßeren Ersatz.

     

    Ein Wort, das nie am Ursprung lügt,

    zugleich auch den Geschmack betrügt.

     

    Dort ist's ein eingemischter Klang,

    hier eingeboren in den Drang.

     

    Sei es der Unbedeutung Schall:

    ein Schöpfer ruft es aus dem All.

     

    Dort deckt der Reim die innre Lücke

    und dient als eine Versfußkrücke.

     

    Hier nimmt er teil am ganzen Muss,

    die Fessel eines Genius,

     

    Gebundnes tiefer noch zu binden.

    Was sich nicht suchen lässt, nur finden,

     

    was in des Wortglücks Augenblick,

    nicht aus Geschick, nur durch Geschick

     

    da ist und was von selbst gelingt,

    aus Mutterschaft der Sprache springt:

    das ist der Reim. Nicht, was euch singt!

 

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Reim dich oder ich fress dich! Rasch was aus der Kinderzeit. Vielleicht wollen Sie ja mal ‘ne Büttenrede halten.

     

     Er schaut auf einen Sack voll Linsen

     Und schaute mit vergnügtem Grinsen

     Auf sechs belegte Brötchen hin.

     Dies alles ist mir viel zu wenig

     Begann er zu Ägyptens König

     Gesteh dass ich ein Vielfraß bin

       a - a -b - c - c ! (unrein) - b

   (So holt man ‘ne  “Ring-Ballade” vom Sockel! Noch kürzer?)

 

      Der Taucher

      Gluck , gluck------             (Waise! )

      Weg isser.                         (weise?)

      (War Raucher!)          

  (stirbt an Pseudo- Umarmung  selbst Schuld- gute Reise!)

     

      1 -2 -3 - 4 - 5- 6 - 7

      In der Schule wird geschrieben

      In der Schule wird gelacht

      Bis der Lehrer pitsch -patsch macht.

  (zwei Paar Reime - jetzt geh Heime!)

 

       

       Ich hab mich übergeben

       In der Kirche auf der Bank

       Der Küster steht daneben

       den Beutel in der Hand.

       (dem Standort gemäß: Kreuzreim)

 

       Kennst du den alten Goethe?

       Eines Abends, es war späte

       Ging ein Mäuschen zu Herrn Faust

       Und hat ihn am Steiß gelaust.

       Sprach der Steiß zur Flöte

       Kennst du den alten Goethe

       usw. usw.

       (Endlos-Gedicht für lange Winterabende!)

 

     Paulus schrieb an die Korinther

     Wer nicht mitkommt, der bleibt hinter.

    Mancher liest auch gerne mal das Original! -   

    fatal - mach dir ‘nen Reim drauf!

 

     Es war einmal ein Mann

     Der hatte keinen Kamm

     Da ging er hin und kauft sich einen

     Da hat er einen.  (identische Reimlaus)

 

       Auf der Alster

       Schwimmt ein Qualster

       Auf der Elbe

       Schwimmt dasselbe.

       Im Kanal

       Schwimmt ein --- Wurm!

   Hier kam der Paarreimer ins Schwimmen? - Nein, nein!

   So hebelt man Lyrikerwartungen aus, lieber Leser! - Marke Heinz!

 

         Ich hab ‘n Vogel

         Du hast’n Piep

         Meiner hat Ausgang

         Und deiner blieb.

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